Werden wir
durch
ADDITION
von
KÖRPER
und
GEIST
"GANZ"?
Wenn bei Werbung für sich als "ganzheitlich" bezeichnende Massage formuliert wird: "... und bezieht neben der körperlichen auch die seelische Ebene ein", so folgt man dem oben
genannten Additionsprinzip. Aber entsteht dadurch wirklich Ganzheit?
Man wird Goethe's Hohn zu bedenken haben: „Wie alles sich zum Ganzen webt, Eins in dem andern wirkt und lebt! Wie die Himmelskräfte auf- und
niedersteigen ... Harmonisch all das All durchklingen! Welch Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur!"
Damit soll selbstverständlich nicht das Anliegen ganzheitlicher Massage abgelehnt
werden, aber man sollte im Blick haben:
"Ganzheit ist die auf die Vielfalt angewandte Einheit, und die Teile sind die Vielfalt selbst,
die von der Einheit totalisiert ist." [2]
Zentral ist daher die Frage nach dem Totalisierenden ...
- für Goethe (und vermutlich nicht nur ihn, wenn man nämlich etwa die auch gegenwärtig vorhandene Natur-Gläubigkeit in den Blick nimmt) sind's die 'Mutterbrüste der
Natur': sie würden heilen ! Auch gegenwärtig rechnet man also mit den Heilkräften der Natur - allerdings sollte dabei bedacht werden, dass "Natur" nicht
als Person verstanden werden sollte, sondern als "gebärendes Geschehen". In diesem Kontext ist der Hinweis auf "Stammzellen" angebracht, die " allgemein (als) Körperzellen bezeichnet (werden), die sich in verschiedene Zelltypen
oder Gewebe ausdifferenzieren können. Je nach Art der Stammzelle und ihrer Beeinflussung haben sie das Potenzial, sich in jegliches Gewebe (embryonale
Stammzellen) oder in bestimmte festgelegte Gewebetypen (adulte Stammzellen) zu entwickeln."(2)
- Nach Hermann Schmitz besteht das Totalisierende als Leib: "Ein großer Teil der
heute 'psychosomatisch' genannten Krankheiten hat seinen Sitz weder im Körper noch in der Seele, sondern im
Leib (Gegenstand des eigenleiblichen Spürens), von wo er auf den Körper [und meines Erachtens auch: auf den Geist] ausstrahlt." [3] Geht man - etwa
im Falle von Burnout- leiblich vor, so zeigt der Erfolg, dass der von Stressforscher Sepp Porta aufgestellten Hypothese, nach der der Hauptgrund für unseren Stress und den damit
verbundenen Leistungsabfällen darin liegt, dass wir keine Pausen mehr machen, Richtigkeit zukommt. Wenn er allerdings meint, dass wir als Persönlichkeit nicht mehr stark genug seien,
um bewusst und ohne schlechtes Gewissen Pausen zu machen und sich daran der Appel anschließt unsere Persönlichkeit zu stärken und wieder
bewusst Pausen zu setzen, so wird letztlich doch innerhalb einer dichotomen Körper-Geist Anthropologie argumentiert. Stattdessen schlage ich vor, das "eigenleibliche Spüren" (also zu spüren, dass man müde wird, nicht mehr mag ...)
im Rahmen von Leib-Massage zu kultivieren...
[1] Art. Ganzheit, wikipedia Abfr. v. 25.11.17
[2] Art. Stammzelle, wikipedia Abfr. v. 4.11.18; s.a. "Die enormen Potentiale
embryonaler Stammzellen": Huber Johannes, Geheimakte Leben. Wie die Biomedizin unser Leben und unsere Weltsicht verändert, Frankfurt/Main 2000, 35-39
[3] Schmitz
Hermann, Leib und Gefühl. Materialien zu einer philosophischen Therapeutik, Bielefeld und Locarno 2008, 16